Die Abkehr der USA von der Liberalen Internationalen Ordnung (LIO) und der sie stützenden Institutionen unter Donald Trump gilt als außergewöhnlich. Eine Überbetonung der Ausnahmeerscheinung birgt jedoch die Gefahr, wichtige Lehren aus der Vergangenheit zu übersehen. Dieser Beitrag plädiert für eine Perspektiv-Erweiterung auf das Phänomen des Rückzugs von Hegemonialmächten aus „ihren“ Ordnungen. Eine erste Erkundung basierend auf der Forschung zu Trump und einem originären Datensatz zur US-Abkehr von internationalen Organisationen und Abkommen 1945-2024 deutet darauf hin, dass (1) der Rückzug von Hegemonialmächten aus internationalen Institutionen die Regel und nicht die Ausnahme ist; (2) besonders solche Institutionen betroffen sind, welche sich der Kontrolle der Hegemonialmacht entziehen; und (3) ihr Schicksal in den Händen alternativer Anführer*innen liegt. Diese Ergebnisse liefern nicht nur die Grundlage für eine vielversprechende Forschungsagenda zum Verhältnis von Macht und internationaler Ordnung, sondern bergen auch wichtige Lehren für die Verfechter*innen der LIO.
Tim Heinkelmann-Wild (2025): Die Abkehr von Hegemonialmächten aus „ihren“ Ordnungen: Eine Erkundung des Rückzugs der USA aus internationalen Institutionen jenseits von Trump [The withdrawal of hegemonic powers from “their” orders: An exploration of US withdrawal from international institutions beyond Trump.] In: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 32:1. Forthcoming.